13:0. Dreizehn! Ja, die US-Amerikanerinnen gingen als haushohe Favoritinnen in das Duell gegen Thailand und haben gezeigt, weshalb. Aber haben wir wirklich mit einem neuen WM-Rekordsieg gerechnet?
Nia Künzer hat das jedenfalls nicht. Die ehemalige Nationalspielerin (und Golden Goal-Schützin im WM-Finale 2003) ist als Expertin für ARD tätig und sagte erst kürzlich, dass sie in diesen Zeiten Kantersiege wie etwa das 8:0 Deutschlands gegen China bei Olympia 2004 nicht mehr erwarte. Zu sehr sei der Frauenfußball in der breite gewachsen, zu eng die WM-Teilnehmerinnen zusammengerückt.
Dass das stimmt, kann man durchaus an den Ergebnissen des ersten Vorrundenspieltages, den die USA und Thailand gestern Abend abschlossen, ablesen:
Deutschland müht sich gegen China, England hatte am Ende gegen Schottland mehr Gegenwehr, als erwartet, die Niederlande und auch Kanada blieben minimalistisch mit knappen 1:0-Siegen, Japan sogar gänzlich torlos gegen Under-Under-Underdog Argentinien.
Doch es gab auch souveräne Auftritte. Frankreich hatte im Eröffnungsspiel keine Mühe mit Südkorea, Brasilien siegte deutlich 3:0, ebenso wie Norwegen. Wieso? Haben diese Team es besser gemacht?
Auch, aber nicht nur.
Diese Ergebnisse waren deutlich, weil die Gegner Südkorea, Nigeria oder Jamaika es den Favoritinnen - hart formuliert - leicht machten. Sie hatten kein taktisches Konzept, um erfolgreich die Stärken der "Großen" einzuschränken.
Italien wusste, dass man möglichst wenig Gegentore kassieren darf, selbst treffen ist gegen Australien immer drin. Argentinien mauerte sich diszipliniert hinten ein und verteidigte sich aufopferungsvoll gegen ideenlose Japanerinnen. China hätten nur noch Knüppel gefehlt.
Aber: Deutschland, Spanien und Co. haben auch selbst keine Glanzleistungen vollbracht. Verteidigung ist immer "einfacher" als Angriff. Daher bedarf es auch hier Lösungen - und zwar neuer. Ballbesitz kann hoch sein, weil man einfach besser ist, ist für sich genommen heute aber kein Erfolgsrezept mehr. Wenn sich die Spanierinnen wie gegen Südafrika den Ball stellenweise wie beim Handball am gegnerischen Sechzehnmeterraum zuschieben, dabei jedoch nicht in der Lage sind, Chancen zu kreieren oder zu schießen, ohne dass der Ball direkt abgeblockt wird, können sie sich auf die 65%, die am Ende in der Statistik stehen, ein Eis backen. Insbesondere gegen gut organisierte Defensivabteilungen hat man das wieder gemerkt.
Denn noch eine andere Qualität zeichnete beispielsweise Frankreich aus: Die Chancenverwertung. Und hierbei geht es gar nicht mal direkt um den Abschluss an sich, sondern vielmehr den berühmten letzten Pass. Und den vorletzten. Hier stimmten viel zu oft Ziel und Timing nicht.
Fußball ist auch deshalb ein so schönes Spiel, weil neben der Mannschaft und der Zusammenarbeit in dieser noch ein anderer Faktor evident ist: individuelle Entscheidungen. Das Team muss (beispielsweise) der ballführenden Spielerin Optionen geben, für welche Pass- oder Schussrichtung sie sich entscheiden kann - die Spielerin muss dann die richtige Entscheidung treffen. Im Idealfall, bevor ihr jemand den Ball wegnimmt. Und dann muss sie diese Entscheidung auch noch korrekt umsetzen. Es spielen viele Faktoren eine Rolle, die man in ihrer Komplexität nicht vor einem Spiel trainieren kann. Diese Faktoren sind in Summe dafür ausschlaggebend, ob eine Mannschaft den Weg bis ins Finale gehen oder nach der Vorrunde die Koffer packen kann - selbst, wenn sie individuell noch so stark besetzt ist.
Ein generelles Problem sehe ich hier allerdings noch nicht. Für alle Teams war es das erste Spiel. Ein wenig wurde noch probiert, ein wenig hat man festgestellt: Okay, so geht es nicht.
Man darf gespannt sein auf die zweite Runde. Darauf, was die Teams gelernt haben, wie sie mit den knappen und auch mit den deutlichen Erfolgen und Misserfolgen umgehen und was sie ändern werden.
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