Donnerstag, 3. August 2023

Vorrunden-Analyse // Warum ist die DFB-Auswahl ausgeschieden?

Die deutsche WM-Vorrunde in Australien und Neuseeland war insgesamt nicht gerade berauschend (außer kurz im ersten Spiel) und dürfte kaum Selbstbewusstsein für die KO-Phase bringen. Woran hat das gelegen?


Marokko // Der leichte Sieg

In der Vorbereitung auf das Turnier hatte man Marokko als sehr starken Gegner betrachtet und wollte sich entsprechend vorbereiten. Als Gegner wurde mit Sambia also eine afrikanische Mannschaft gesucht, der man eine ähnliche Spielweise und Körperlichkeit unterstellte. Der Test ging zwar deutlich schief, dafür präsentierte Marokko keine der befürchteten Qualitäten. Einzige Spielidee war es, hinten drin zu stehen und ohne jede Präsenz Deutschland den Platz zu überlassen. Mit defensiven Konzepten haben viele weniger talentierte Teams ihren Gegnerinnen das Spiel schwer gemacht. Das gelang den Marokkanerinnen überhaupt nicht. Am Ende stand ein 6:0 für Popp und Co., das in der Wahrnehmung das (für mich) größte Problem des deutschen Teams kaschierte: Das Erarbeiten von Torchancen. Das hat gegen diesen Gegner gereicht - in der Folge dann aber nicht mehr.
Hinzu kommt die Personalproblematik in der Abwehr, die man leider erneut mit Huth als Rechtsverteidigerin gelöst hat. Es bleibt mir unbegreiflich, wie man der Meinung sein kann, eine Spielerin in kurzer Zeit mal eben auf eine derart komplexe Position "umzulernen". Das hat gegen Sambia schon nicht funktioniert und wird es auch in der Folge nicht. 
Popps Tore nährten (vor allem medial) ihren Mythos, mehr aber nicht. Das zeigte sich in den folgenden Spielen.


Kolumbien // Zurück zur Realität (und den Problemen)

Mit der Verletzung von Felicitas Rauch musste in der Abwehr erneut umgestellt werden, was mit dem halbzeitigen Ausfall von Sara Doorsoun nicht besser wurde.
Matchplan war es, die Kolumbianerinnen erstmal kommen zu lassen, aber bewusst körperbetont zu spielen und den Südamerikanerinnen so den Schneid abzukaufen. Das funktionierte erstmal überhaupt nicht und bereits der Ansatz bleibt für mich ein Rätsel. Wenn man den Anspruch hat, ein Spiel zu gewinnen, weil man individuell besser ist (was der Fall ist), geht man ein Spiel so nicht an. Hinzu kommt weiterhin Huth auf Rechtshinten, was schlecht lief, und die Hereinnahme von Chantal Hagel als Linksverteidigerin. Das aber (Achtung: Überraschung) ist nicht Hagels Position. Entsprechend hat die Neu-Wolfsburgerin kein gutes Spiel gemacht; sie war sowohl offensiv wie defensiv wirkungslos, gewann kaum Zweikämpfe, wenn sie für diese überhaupt zur Stelle war. Im Dritten Spiel wird das noch schlimmer, als sie in die realtaktische Dreierkette rücken musste und erneut eine positionelle Fehlbesetzung war. 
Der Trainer Kolumbiens sagte im Vorfeld: Er wüsste, das sein Team gegen Deutschland gewinnen wird.  "Was'n das für'n Spinner", haben wir gedacht. Oder? Hatten Sie das ernst genommen?
Ich schon. Der Typ war völlig überzeugt. Allein das hat den Spielerinnen noch einmal mindestens zehn Prozent gebracht.
Und Nicht vergessen: der Mann hatte Recht. Der grinst nicht künstlich den Interviewpartner an, kneift dabei übertieben die Augen zu, als würde er ne Katze anschmachten, und sagt: "blabla und dann sind wir sicher, dass wir auch dieses Spiel positiv getalten werden." Oder eine von diesen immergleichen Floskeln. Der Typ stellt sich hin sagt: "Ich weiß, dass meine Spielerinnen Deutschland schlagen werden." Diese Überzeugung war von Anfang an da.
So geht man so ein Match an. 

Insgesamt stelle ich deutlich fest: Das Spiel wurde vom deutschen Trainerteam völlig vercoacht.
Die Offensivbemühungen blieben ebenfalls schwach. Dass es ein Kader mit dieser Qualität nicht schafft, sich Torchancen zu erarbeiten, ist ein Unding. Das Konzept bleibt: Flanken auf Alexandra Popp. Nur das funktioniert. Und wenn das nicht funktioniert, gibt es keine Alternative. Das ist, offen gestanden, armselig. Hinzu kommt Folgendes: Wenn Popp nicht als Zielspielerin zur Verfügung steht, ist sie sogar ein Problem für den Spielaufbau. Ist sie an diesem beteiligt, ist sie leider ein Totalausfall gewesen. Pässe von ihr kommen nur an, wenn sie zurückgespielt werden.
Ab dem gegnerischen Drittel fehlt aber dem gesamten Team jede Präzision. Symptomatisch dafür auch die Leistung von Lina Magull, die nichts von ihrer Qualität auf den Platz bringen konnte. Die Ungenauigkeit im Aufbau ab dem letzten Drittel ist ein längst bekanntes Problem, das man einfach nicht in den Griff bekommt. Der letzte, vor allem aber der vorletzte Pass versanden zu oft. Hier muss man die Schuld beim Trainerteam suchen. Es ist keine Spielidee zu erkennen, so kann das Turnier nicht erfolgreich werden. Die Quittung gab's mit einer, bei allem Respekt, peinlichen Niederlage mit auffällig negativen Leistungen von Popp (trotz Elfmetertor), Magull, Hagel. Auch Däbritz bleibt weiterhin unter ihren Möglichkeiten.

 

Südkorea // Der Muss-Sieg

Die Südkoreanerinnen präsentierten sich für mich als bisher schwächstes Team aller Teilnehmer (trotz dem ersten Marokko-Spiel). Das änderte sich ausgerechnet gegen Deutschland. So eine Frechheit!
Die haben sich noch nicht mal von den ständigen Meldungen über die Rückkehr der Heilsbringerin Marina Hegering verunsichern lassen. Die designierte Abwehrchefin und -organisatorin hat dann gleich kreativ sonst wohin verteidigt und mit einem schlimmen Stellungsfehler die koreanische Führung begünstigt. In der Kaderanalyse hatte ich bereits gesagt: Wenn sie einen Fehler macht, klingelt's. Sicherheit in die Abwehr konnte sie nicht bringen. Im Mittelfeld fehlte dann zudem viel zu oft der Zugriff.

Realtaktisch stellte sich die deutsche Defensive in einer Dreierkette auf (3-5-2), erneut mit Hagel, erneut als Fehlbesetzung. Warum man nicht auf Sjoke Nüsken setzte, die eine gute Vertretung für Doorsoun darstellte, - oder, ich weiß nicht, vielleicht jemand, der sonst noch im Verein regelmäßig in einer Dreierkette spielt, wie zum Beispiel verdammt noch mal Sophie Kleinherne(!) - kann ich nicht erklären. 

Im Vorfeld, als sich die Doppelspitze andeutete, sagte ich, dass man auch mit 5 Stürmerinnen spielen kann, doch das bringt nichts, wenn man diese nicht einsetzen kann.
Der Ausgleich für das deutsche Team fällt dann auf die einzige Art, die möglich ist: Flanke auf Popp. Persönlich liebe ich solche Tore, die Flanke war super für Popp und die macht das Tor herausragend gut. Doch das wird nicht reichen. Das als Spielprinzip zu nutzen (und nicht als weitere Angriffsvariante) ist bieder und zu ausrechenbar. Das ist ein absolut valides Mittel, wenn einem sonst nix einfällt. Naja, faktisch war es ja auch so. Gleiches gilt für das ständige Setzen auf Alex Popp. 
Am Ende scheidet Deutschland zurecht aus. Das lag allerdings nicht an den Spielerinnen. Die haben alles gegeben und nach Lösungen gesucht. Geliefert werden müssen die vom Trainerteam, wenn der Gegner das nicht wie Marokko freiwillig tut.


Insgesamt ein gutes Turnier gespielt haben Popp (in Teilen), Hendrich, Doorsoun, Brand (in Teilen), Oberdorf (in Teilen).
Eher nicht so gut lief es für Huth, Däbritz, Hegering, Hagel (vor allem).

Zu viele Spielerinnen funktionierten im System Voss-Tecklenburg nicht. An diesem Punkt muss das System überdacht werden. Nach der peinliche Niederlage gegen Serbien vor der EM 2022, hatte die Mannschaft das Gespräch mit dem Trainerteam gesucht und Kritik vorgebracht. Danach wurde dort einiges geändert und das brachte etwas. Ob es nach dem Sambia-Spiel auch so war, ist bisher nicht bekannt. Doch man scheint immer wieder in alte Muster zu verfallen. In diesem Fall, dass Martina Voss-Tecklenburg zu detailversessen ist in einer Art, die bei Auswahl-Mannschaften nicht gut ist. Anstatt funktionierende Spielerinnen nach ihren Stärken einzusetzen, versucht sie, sie in ihr System zu zwingen. Dann kann ich als Vereinstrainer machen. Da arbeite ich mit den Spielerinnen und Spielern jeden Tag, über Monate, Jahre (auf Schalke: Monate) hinweg, kann einstudieren, anlernen, Fehler austreiben, neue Stärken ausbilden oder halt eine Spielerin zur Außenverteidigerin umschulen.
Als Auswahlcoach habe ich diese Wahl, da sind das nicht meine Aufgaben. Meine Aufgaben sind: die besten Spielerinnen nominieren und ein System installieren, in dem sie ihre Stärken ausspielen können und ihre Schwächen kaschieren. Das ist eine Qualität. Deshalb wird auch nicht jeder Thomas Tuchel Nationalcoach. Ich kann verstehen, dass sich Voss-Tecklenburg verwirklichen will und ich habe großen Respekt vor ihren fachlichen Fähigkeiten. Doch die Nationalmannschaft ist nicht ihr Verein. Was bei der Schweiz 2012 noch funktioniert hat - einfach weil noch deutlich mehr Luft nach oben war (nicht despektierlich gemeint) - funktioniert bei Deutschland 2023 nicht. (Hat es übrigens eigentlich schon 2019 nicht).
Unter anderem deshalb war das Team dieses Jahr nicht erfolgreich. Da kann ich auf die tolle Stimmung im Team verweisen, so viel ich will (, die im Übrigen gar nicht so toll gewesen sein soll, wie immer behauptet wird)

Viele "kleinere" Teams konnten in der Vorrunde die Topteams vor Probleme stellen. Die wirklich guten Mannschaften haben aber dennoch einen Weg gefunden - und wenn's ein erarbeitetes 1:0 war. 

Dieses Ausscheiden überrascht mich nicht völlig (ist nicht hämisch gemeint), dennoch bleibt es ein Schock. Und tut weh. Die Spielerinnen tun mir sehr, sehr leid und ich kann nur hoffen, dass sich alle - in jeder Hinsicht - bald von diesem Turnier erholen. 

Mittwoch, 19. Juli 2023

Der Kader der DFB-Frauen für die WM 2023 // Analyse

Das ist jetzt eine etwas schwierige Situation. Nur vier Jahre nach meinem letzten Post hier hatte ich eigentlich vor, den Zustand unserer Nationalfrauen heute kritisch zu betrachten und ungefragt meinen Senf dazu zu geben. Leider lief das letzte Vorbereitungsspiel gegen Sambia (Niederlage, 2:3) derart bescheiden, dass es so scheinen würde, als wollte ich mir nur Luft machen. Also spare ich mir das für einen späteren Zeitpunkt auf und verweise stattdessen auf meinen vorletzten Blogbeitrag "Probleme", denn die darin beschriebenen Probleme sind die gleichen. 

Stattdessen wollen wir heute in guter, alter Tradition eine kleine Kaderanalyse machen, bei der ich so dreist sein werde, bei der ein oder anderen etwas mehr oder weniger zu schreiben als bei... Jetzt hab'  ich vergessen, wie der Satz enden sollte.

Außerdem verweise ich auf die Analyse von 2019, die ein oder andere taucht ja nachfolgend erneut auf und vielleicht ist es unterhaltsam, Vergleiche zu ziehen. (hier und hier)


TOR

Merle Frohms // Sie ist die unumstrittene Nummer 1. Die zuletzt vermehrten Vergleiche mit Manuel Neuer (also dem von 2014) finde ich etwas albern, aber mehr möchte ich auf die Reports von Sky auch nicht eingehen. Merle hat ihre ganz eigenen Qualitäten und von denen profitiert das DFB-Team sehr.

Ann-Katrin Berger // Ihre Leistungen sind eigentlich Grund genug dafür, dass Frohms als gar nicht so unumstrittene Nummer 1 gelten dürfte. Warum das nicht so ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Fakt ist, im Kasten hat das deutsche Team ein Luxusproblem, dass man an anderer Stelle auch gern hätte. 

Stina Johannes // Sie könnte bei der WM ihr erstes A-Länderspiel überhaupt absolvieren, nachdem sie sich im erweiterten Kader gegen Ena Mahmutovic durchgesetzt hat - doch das ist wenig wahrscheinlich. Eine schöne Belohnung für eine starke Saison mit Frankfurt ist die Nominierung dennoch.


ABWEHR

Sara Doorsoun // Doorsoun blühte vergangene Saison bei den Frankfurterinnen ob ihrer Verantwortung und der erhöhten Spielzeit (21/22 Spiele) im Vergleich zum VfL wieder regelrecht auf, spielte eine tolle Saison und wird dem Team sowohl mit ihrer guten Form als auch ihrer Erfahrung helfen.

Chantal Hagel // Spielte eine ordentliche Saison für Hoffenheim und wurde daher freilich von Wolfsburg zur neuen Saison verpflichtet. Die zehn bisherigen Länderspiele waren bisher aber eher unauffällig. 

Marina Hegering // Wurde mit Wolfsburg nicht Deutsche Meisterin, dürfte also eigentlich nicht mit (nicht ernst gemeint). Solange MVT aber Cheftrainerin ist, wird Hegering spielen. Ich bin bekanntermaßen kein großer Fan, weil sie nicht so viel Sicherheit in der Defensive gibt, wie ihr nachgesagt wird. Sie kann mit großartigen Aktionen brillieren und toll nach vorn verteidigen, wenn sie aber einen (ihrer seltenen) Fehler macht, knallt's meistens. 

Kathrin Hendrich // Hat nach Merle Frohms die meisten Wolfsburger Minuten der vergangenen Bundesligasaison absolviert und das nicht aus Personalnot. Durch ihre sehr gute Form allein kommt man an dieser Nominierung nicht vorbei. Dazu kommt, dass sie mit Frohms, Hegering und Rauch einen Wolfsburger Defensiv-Block bildet, der ein entscheidender Vorteil werden könnte. 

Sophia Kleinherne // Die 22-jährige ist bei Frankfurt nicht wegzudenken und eine der wenigen Spielerinnen, die eventuell hinten rechts spielen kann. In der Innenverteidigung, wo sie für die Eintracht meist spielt, wird eher kein Startelfplatz sein. Könnte in einer denkbaren Dreierkette wichtig sein, die es aber nicht geben wird. Ihre große Zeit wird aber noch kommen. Genauso wie die von...

Sjoeke Nüsken // Sie dürfte den Frankfurterinnen durchaus fehlen, stand in allen Bundesligaspielen 90 Minuten auf dem Platz (außer den letzten 15 gegen Meppen). Der Schritt nach England und zum FC Chelsea, dieser tollen Mannschaft, scheint ein großer zu sein, ist es aber nicht - sie wird dort eine der Besten werden. Im DFB-Team sollte die 21-jährige eine größere Rolle spielen, wird sie in Zukunft auch.

Felicitas Rauch // Vor vier Jahren war ich noch enttäuscht, dass die Linksverteidigerin nicht mit nach Frankreich fuhr. Heuer kommt MVT an ihr nicht vorbei. Feli Rauch war in der abgelaufenen Saison die beste Spielerin der Bundesliga. Punkt.


Wir sehen: Man muss schon Sjoeke Nüsken als Abwehrspielerin führen, um für diesen Mannschaftsteil überhaupt 7 Spielerinnen zu haben. Klar: Lena Oberdorf kann auch Innenverteidigung spielen und vermutlich wird Voss-Tecklenburg wieder erfolglos irgendjemanden zur Rechtsverteidigerin umschulen wollen. Aber hier fehlt es an Breite, um auf eine Viererkette zu setzen. Sich jetzt mutig etwas anderes zu überlegen, dürfte zu spät sein. Ohnehin gilt die Cheftrainerin als eine von ihrer eigenen Spielidee sehr, sehr Überzeugte. Änderungen an der Formation wird es also nicht geben. 


MITTELFELD/ANGRIFF

Mit der deutschen Offensivabteilung könnte man eigentlich zwei Verbandsauswahlteams aufstellen. Alternativ könnte man mit einem klassischen 2-3-5 spielen. Haha. So unterhaltsam das auch wäre - das wird wohl nicht passieren. Stattdessen werden einige Spielerinnen nicht die Einsatzzeiten bekommen, die man sich für sie wünscht und dennoch wird der Quantitätsdruck gleichsam dafür sorgen, dass die notwendige Eingespieltheit nicht aufgebaut werden kann. Aber der Reihe nach:

Nicole Anyomi // Ich befürchte, sie wird wieder die Rechtsverteidigerin geben müssen, obwohl sie offensiv eine wichtigere Rolle spielen könnte. Unter Voss-Tecklenburg ist Anyomi bisher aber nicht stark gewesen, weil die Frankfurterin - wie auch eine andere Frankfurterin - nicht ins spielerische Konzept passt.

Jule Brand // Der Schritt nach Wolfsburg hat Jule Brand leider nicht gut getan, sie hat weniger Spielpraxis, die sie jedoch benötigt, und ihre Unbekümmertheit fehlt mir im Moment sehr. Wenn sie die wiederfindet und mit ihrem Tempo und ihrer Physis verbindet, kann sie eine Spielerin sein, die den Unterschied macht. 

Klara Bühl // Mit erst 22 Jahren 35 A-Länderspiele auf dem Buckel zu haben zeigt, wie talentiert und fähig Klara Bühl ist. Hatte großen Anteil an der Münchner Bundesliga-Meisterschaft und auch aus dem Nationalteam ist die Flügelspielerin kaum wegzudenken.

Sara Däbritz // Spielte eine passable erste Saison für Olympique Lyon, war zu Beginn verletzt und hatte deshalb nur begrenzte Einsätze. In der Nationalmannschaft waren die Leistungen in meinen Augen in den letzten Monaten ebenfalls höchstens das: passabel. Das wird sich zur WM hoffentlich ändern. Das Potential dafür hat sie auf jeden Fall.

Laura Freigang // Freigang ist auch ein bisschen ein Opfer der voss-tecklenburg'schen Spielweise. Im den Deutschen heiligen 4-2-3-1-System ist für ihren Spielstil als eher hängende denn als Einzelspitze kein Platz. Bedenkt man die Konkurrenz aus Schüller und Popp, ist auch nicht davon auszugehen, dass sie diesen Platz bekommt. Will man im Spiel taktisch etwas ändern, wäre sie auf jeden Fall eine ausgezeichnete Wahl.

Svenja Huth // Kampfgeist, Erfahrung, Laufstärke, Konstanz, eine tolle Persönlichkeit und viele Dinge mehr zeichnen Svenja Huth aus und sind enorm wichtig für's Nationalteam. Manchmal wünsche ich mir von ihr mehr Kreativität auf ihrem rechten Flügel. Sie wird vermutlich als Rechtsverteidigerin benötigt und das so-lala-okay machen. Ihre Talente wird sie dort aber nur eingeschränkt aufblitzen lassen können - aber derer sind ja viele, also...

Lena Lattwein // Lattwein wechselte vor zwei Jahren von Hoffenheim zum VfL Wolfsburg und ist dort Stammspielerin. Bei einem derart starken Kader zeigt das das hohe Niveau der Mittelfeldspielerin. Im DFB-Trikot hat sie dieses Niveau für mich noch nicht erreicht. Mit 23 Jahren hat sie aber noch viel Zeit.

Melanie Leupolz // Nach ihrem Wechsel auf die Insel zu Chelsea ist Leupolz eine noch bessere und reifere Spielerin geworden. Daran hat auch die Babypause nichts geändert. Dennoch wird sie, wie schon zuvor, unter Martina Voss-Tecklenburg keine große Rolle für die Startelf spielen, solange Oberdorf (für's Mittelfeld) verfügbar ist oder man nicht mit einer Doppel-Sechs spielt, die dann aber von Däbritz besetzt wird.

Sydney Lohmann // Die 23-jährige Mittelfeldspielerin ist eine feste Größe bei den Bayern, auch wenn sie immer wieder mal von (größeren und kleineren) gesundheitliche Problemen geplagt wird. Im Nationalteam aber ist die Konkurrenz noch größer. Ihr unbestrittenes Talent wird für Deutschland noch wichtig werden in der Zukunft, wenn sie von größeren Verletzungen verschont bleibt. Aber auch bei der WM wird sie ihre Einsätze bekommen, die sie hoffentlich nutzen kann.

Lina Magull // Eine der erfahrensten Spielerinnen im Team. Ihr Charakter und ihre technischen Fähigkeiten ragen für mich heraus. Bei den Bayern gehört sie zweifellos zu den Besten, in der Nationalmannschaft muss für mich aber noch etwas mehr kommen. Dabei würde helfen, sie nicht in ein so enges taktisches Korsett zu zweingen.

Lena Oberdorf // Obi wurde bei der EM in England als beste Nachwuchsspielerin ausgezeichnet. Das wird sie vielleicht auch bei dieser WM, aber ohne das "Nachwuchs". Gute Antizipation, harte, aber präzise Zweikampfführung und bei dieser ein großartiges Timing, gute Spieleröffnung - Oberdorf ist der Prototyp einer defensiven Mittelfeldspielerin und auf dieser Position trotz ihrer erst 22 Jahre für mich im Moment die Beste der Welt.

Alexandra Popp // Poppis Leistungen geben ihr so ziemlich immer Recht. Mit ihren 32 Jahren ist die Kapitänin aktuell besser denn je. Nachdem sie zuletzt auch weniger verletzungsanfällig war, als in früheren Jahren, ist sie eine absolute Konstante für Verein (Wolfsburg) und Nationalmannschaft, die jedem Gegner Respekt abverlangt. Aber man darf sich nicht zu sehr von ihr abhängig machen. Das gesamte Spiel darauf auszulegen, irgendwie den Ball auf ihren Kopf zu lenken, ist kein taktisches Konzept. Sie ist die perfekte Zielspielerin und kann auch vor der Abwehr abräumen, offenbarte aber zuletzt Probleme bei Chancenkreation. 

Lea Schüller // Steht im DFB-Trikot leider im Schatten von Alex Popp. Da man keine Experimente à la Doppelspitze (um Himmels Willen!) machen wird, wird sie wahrscheinlich zweite Wahl bleiben. Das ist schade, denn für mich ist Schüller eine komplette Stürmerin mit gutem Riecher und starkem Abschluss. 


Wer fehlt? Klar: Guilia Gwinn. Zwei Jahre ihrer jungen Karriere fielen Kreuzbandrissen zum Opfer. Auch wenn die 24-jährige medizinisch den Startschuss erhalten könnte, ist sie noch nicht soweit, mit zur WM zu fahren. Diese Entscheidung wird Martina Voss-Tecklenburg nicht leicht gefallen sein, doch sie hat (zusammen mit Gwinn) das Risiko gegen den Nutzen abgewogen und hier die richtige Entscheidung getroffen - so schade das auch ist.
Außerdem: Carolin Simon. Sie hat sich in den letzten Minuten des Vorbereitungsspiels gegen Sambia ebenfalls eine Kreuzbandriss zugezogen und muss sich, wie Gwinn, in die Liste derer einreihen, deren WM-Traum dieser verdammten Seuche zum Opfer fällt. 
Ich kann nur hoffen, dass es hier für die Frauen bald Fortschritte gibt. Leah Williamson, Viviane Miedema, Beth Mead, Delphine Cascarino, Janine Beckie, Catarina Macario, Martina Rosucci, Marie Katoto, Hanna Glas, Griedge Mbock, und, und, und.
Es sind zu viele, die fehlen. 

Kurz schütteln. Okay.

Wie könnten die DFB-Frauen spielen?
Vermutlich ungefähr so:










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